Geiz ist ungeil.

Stand: 25.12.2006

Unterschiedliche Gruppierungen formieren sich in unserer Gegenwart gegen die insbesondere durch die MetroGroup gesellschaftsfähig gemachte Haltung "Geiz ist geil". Sie hat unserem Land erheblich geschadet und schadet weiterhin. Man kann den Marktschreiern zwar keinen Maulkorb anlegen, aber man kann sie ignorieren und ein discounterfreies Leben führen. Das ist bei der grellen Werbung von Lidl, Aldi, MediaMarkt, Saturn & Co zwar nicht ganz einfach, spornt jedoch zur Herausforderung an. Mit Dumpingpreisen, Bluffs, Lockangeboten und greller Werbung wird die Konkurrenz an die Wand gedrückt. Selbst eine Scheinkonkurrenz zwischen Saturn und MediaMarkt, die beide ein und derselben Firma (MetroGroup) gehören ist dem harten Wettbewerb dienlich (z.b. eine Alternative wo man vor Kauf eines Produktes noch schauen könnte gehört zur selben Firma. Der Kunde fühlt sich zufrieden bei der scheinbaren Konkurrenz verglichen zu haben. Dabei landet alles im selben Topf). Längst sind die Preise für Lebensmittel bei Aldi und Lidl nicht mehr angemessen. Wo Discounter die Vormachtstellung haben, existiert kein freier Markt mehr. Hier wird diktiert, was zu kosten von Arbeitsplätzen, angemessenen Löhnen und nachhaltiger Wirtschaftsweise geht.

Immerhin in Karlsruhe ist ein discounterfreies Leben möglich. Hier gibt es noch den Metzger um die Ecke im Wohnviertel. Er ist zu Fuß erreichbar, bezieht sein Fleisch von Höfen aus dem Schwarzwald oder Hohenlohe und weiß, was deren Rinder und Schweine zu futtern bekommen. Nämlich Getreide aus heimischem Anbau, ohne Hormone, Tiermehl und Antibiotika. Und ohne Futter aus gentechnisch veränderten Pflanzen, die mehr Pestizide vertragen als andere. Man bekommt Tips zur Zubereitung, individuelle Spezialitäten und vor allem Frische und das persönliche Kaufgespräch.
Auch bei den Bäckereien ist was im Umbruch. Und das nicht nur zum negativen mit Discountbäckern, die Fertigteiglinge aufbacken. Immer mehr Bäcker finden wieder zur echten Sauerteigherstellung, verwenden Getreide aus dem Kraichgau. Die Backkultur wird gelebt.

Hart umkämpft sind neben Kunden für Lebensmittel und Unterhaltungselektronik auch Kunden für Möbel. Wenn bei so manchem schwedischen Möbelriesen die Waren günstig erscheinen, sind sie bei näherer Betrachtung und unter Berücksichtigung der Herstellungsorte oft nicht mehr wert. Der Preislage angemessene moderne und stabile Möbel findet man auch hier in Karlsruhe direkt vor der Haustüre in zahlreichen Geschäften ohne Stress und Parkplatzsuche.

Baumärkte umgarnen die Kunden mit einem Rundumangebot. Trotz harter Konkurrenz und einem gesättigtem Markt wird fleißig weiter an neuen Baumärkten gebaut. Einem enormen Flächenbedarf dieser Flachbauten steht ein Angebot gegenüber, das in zentralen Lagen auf viele verschiedenartige Geschäfte verteilt genauso und bequemer zu finden wäre. Wer braucht schon 100 Schrauben auf einmal? Eisenwarengeschäfte haben die auch einzeln. Klobrille? Gibt es auch mit der Straßenbahn erreichbar im Sanitärfachgeschäft. Die Vormachtstellung der Baumärkte wächst und mit ihr der Druck auf die Produzenten.

Sie werden immer weniger - die inhabergeführten Geschäfte. Filialen machen sich breit und verpassen den Städten ein Standartgesicht. Die inhabergeführten Geschäften sind es, die dem Geschäftsleben Individualität verleihen. Sie gehören zur Kultur und Gemeindeleben, bringen Tradition. Ohne sie wird es stumpf, grau und langweilig.

In Karlsruhe gibt es noch inhabergeführte Drogerien, Elektrogeschäfte, Computerläden, Metzgereien, Schneidereien, Bäckereien, Musikläden, Getränkemärkte, Haushaltswarengeschäfte, Bekleidungsgeschäfte und Möbelläden. Marktstände bringen schonend angebautes aromatisches Obst und Gemüse aus der Region frisch in die Stadt. Sie alle sind zu Fuß oder der Straßenbahn erreichbar und sind in den Stadtvierteln integriert. Sie benötigen kein Bauland auf der grünen Wiese, keine riesigen Parkflächen und keine extra für sie gebauten Erschließungsstraßen. Sie schaffen qualifizierte Arbeitsplätze. Sie nehmen keinem durch kampflustiges Wachsen die Existenzgrundlage weg. Sie bieten ehrliche und angemessene Preise und eine freundliche und kompetente Beratung. Ihre Waren werden immer angeboten und man gerät nicht wegen vermeintlicher Schnäppchen in Handlungszwang. In diesen Geschäften fühlt man sich wohl und sie sind eines höheren Wesens würdig. Es hängen keine Kabel von der Decke und die Rohre verlaufen nicht offen rum. Man muss nicht Großpackungen aus Kartons ziehen und man steht nicht ohnmächtig in großen Hallen vor übermannshohen Regalen. Es wird keine aufgezwungene Schlichtheit aus Marketinggründen geschaffen.

Hier folgen nun ein paar besonders schöne Beispiele, wie sich Läden in Karlsruhe in die Nachbarschaft einfügen. Geschäfte, die nicht aufgeführt sind, sollen sich nicht benachteiligt fühlen. Die Geschäfte befinden sich mit der West-, Ost- und Südweststadt in vorbildlich geplanten Stadtteilen von Karlsruhe die Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sind. Es sind keine reine Wohnviertel, sondern hier gibt es echtes Leben mit Wohnen, Arbeiten und Einkaufen. Die Häuser aus der Gründerzeit und Jugendstil sind jedes für sich individuell, bilden jedoch zusammen eine harmonische Einheit. Die Stadtplaner und Architekten aus dieser Zeit konnten echte Lebensqualität schaffen.

Nach diesen Bildern folgen ein paar Negativbeispiele

Weststadt, Uhlandstraße: Metzgerei Sack
Westliche Innenstadt, Erbprinzenstraße: Buchhandlung Stephanus, Grüner Krebs, Metzgerei Windt, Biomarkt Füllhorn
Weststadt, Kaiserallee: Eiscafé Dolomiti, Café Mary Poppins
Südweststadt, Jollystraße: Bäckerei Meier
Oststadt, Karl-Friedrich-Straße: Oststadt Bio Markt
Oststadt, Karl-Friedrich-Straße: Drogerie Rudolf
Weststadt, Gutenbergplatz: Musik Schuler, Restaurant Gutenberg, Hausrat & Geschenke Oster
Südstadt, Ettlinger Straße: Elektro Tremml. Zwar nicht in alter Bausubstanz, aber an Wohngebiet angrenzend. Bietet mit Waschmaschinen, Wasserkochern, Boilern etc den Baumärkten, Saturn, Media Markt und Discountern die Stirn.

Hier folgen nun zwei Negativbeispiele. Das bleibt übrig, wenn der Preis oberste Maxime bleibt und die Discounter sich noch weiter ausdehnen und weitere Marktanteile erobern. Waren es 1945 gräßliche Bombenlöcher, die unsere Städte verschandelten, reißen heute Discounter wüste Flächen in gewachsene Stadtbilder, an Ortsränder und auf ehemals fruchtbare Äcker und Wiesen. Als Alibi-Integration kommt über den einstöckigen Flachbau ein Alibi-Satteldach. Überdimensionale Parkplätze biedern sich der fußlahmen Kundschaft an. Das erste Beispiel zeigt eine Filiale des Discounters Aldi im fast 900 Jahre alten Stadtteil Beiertheim. Ein krasser Gegensatz zur historischen Bebauung mit Fachwerkhäusern in der Breiten Straße und schönen Altbauten des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts. Es gibt zwar auch große Wohnblocks aus den 60er und 70er Jahren. Was schlecht ist muss aber nicht noch schlechter gemacht werden. Das zweite Beispiel zeigt eine Filiale des Discounters Lidl, die sich vor die Fassade der Festungsstadt Germersheim am Rhein drängt. Auch hier wieder ein öder Eindruck: billiger Flachbau mit Alibisatteldach und großer Parkplatz. Dies sind Ergebnisse einfallsloser Stadtplanung. An ihrer Stelle hätten gärtnerische Grünflächen, Markthallen oder geschlossene Bebauungen mit Ladenzeilen treten können.

Stadtteil Beiertheim: Aldi
Germersheim vor der Festungsbebauung