eMail An: Annette Sawade (annette.sawade@bundestag.de)
Betreff: Umweltzeitbombe Sand - Unsere Meere vor der Wirtschaft schützen
Sehr geehrte Frau Sawade,
"Diese Wirtschaft tötet", sagt Papst Franziskus und hat recht. Noch immer
regiert die irrige Ideologie, dass die Wirtschaft immer weiter so wachsen
könne. Vor dem Hintergrund der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes
mit mehr Einfluss für die Wirtschaft beim Meeresschutz möchte ich Sie auf
das Thema Sand sensibilisieren:
Forscher schlagen Alarm. Weltweit schwinden die Strände, weil vor den
Küsten der Sand vom Meeresboden für den Bauwahnsinn abgesaugt wird.
Die für die Meerestiere lebenswichtige Sandschicht in Nord- und Ostsee wird
in Beton gegossen. Der herabsinkende Sandschleier verklebt Kiemen und
Poren. 41 Arten, darunter Schweinswale und Kegelrobben sind in Gefahr. Weil
alles im Fluss ist, fördern die Furchen am Meeresgrund die Erosion der
Strände.
Siehe:
Bundesamt für Naturschutz. Maßnahmen zum Sandabbau
https://www.bfn.de/themen/meeresnaturschutz/belastungen-im-meer/sand-und-kiesabbau/massnahmen.html
Dokumentation auf Arte 2013: Sand - Die neue Umweltzeitbombe
http://programm.ard.de/%3Fsendung%3D287249928641913
Stichwort "Sand"
http://future.arte.tv/de/sand (Link ist tot)
SZ 19.05.2010: Saugrüssel am Meeresgrund. Die Betreiberfirma dringt in Schutzgebiete vor
http://www.sueddeutsche.de/wissen/nordsee-saugruessel-ammeeresgrund-1.891651
SWR Report Mainz 19.11.2007: Wieso Baggerschiffe im Nordsee - Naturschutzgebiet die Umwelt zerstören dürfen
http://www.swr.de/report/kies-vom-meeresgrund-der-nordsee-um-jeden-preis/-/id=233454/did=2700030/nid=233454/x9r5v6/index.html
Ich und der NABU bitten um Ihre Unterstützung bei der aktuellen Novellierung
des Bundesnaturschutzgesetzes. Am 31. Mai wird sich der Umweltausschuss
mit dem für den Meeresschutz zentralen Paragrafen 57 befassen und eine
Empfehlung zur Abstimmung in den Bundestag geben. Dieser Paragraf regelt
die Erklärung von Meeresgebieten zu geschützten Teilen der Natur, er sichert
die nationale Umsetzung von Natura 2000, dem Naturerbe der Europäischen
Union. Unter dem Druck der Ministerien für Wirtschaft, Landwirtschaft,
Verkehr und Forschung wurde im Gesetzesentwurf eine
Einvernehmensregelung aufgenommen. Diese ermöglicht den Ressorts,
künftige Verordnungen und Meeresschutzmaßnahmen über ein Vetorecht zu
verhindern.
Wir appellieren eindringlich an Sie. Stimmen Sie im Bundestag gegen das
geplante Einvernehmen und geben Sie ihre Stimme der faszinierenden
Artenvielfalt in Nord- und Ostsee.
Der Bundesrat hat erkannt, dass die geplante Änderung die Kompetenz des
Bundesumweltministeriums unterhöhlen und behördliche
Abstimmungsprozesse erschweren würde. Mit großer Mehrheit wurde am 31.
März der Änderungsantrag Schleswig-Holsteins unterstützt und das
Beibehalten der ursprünglichen Beteiligungsregel in Paragraf 57 Absatz 2
gefordert. In der Stellungnahme des Bundesrates heißt es, dass es für die
vorgeschlagene Einvernehmensregelung keine fachliche Notwendigkeit gebe.
Zusammen mit der Geschäftsordnung der Bundesregierung ist eine
ausgewogene Beteiligung aller Ressorts bereits heute gesichert.
Würden sich die Befürworter des Einvernehmens durchsetzen, wäre dies ein
fataler Präzedenzfall, der die Grundfesten des Naturschutzes in Deutschland
erschüttern könnte. Damit würden die Verpflichtungen und Ziele der Fauna-
Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie in Frage gestellt und
sektoralen Wirtschaftsinteressen untergeordnet. Eine traurige Vorstellung
angesichts Deutschlands positiver Rolle beim Verteidigen eben dieser
Richtlinien im sogenannten Fitnesscheck des vergangenen Jahres.
Der deutschen Nord- und Ostsee geht es schlecht. Nach Roter Liste sind über
ein Drittel der Arten und Lebensräume bedroht. Trotzdem beobachten wir mit
Sorge, dass sich immer öfter Wirtschaftsinteressen gegen die allgemeinen
Interessen des Meeresschutzes durchsetzen. Deutschland setzt damit auch
seine internationale Glaubwürdigkeit für den Erhalt der marinen Biodiversität
aufs Spiel. Lassen Sie dies nicht zu. Sorgen Sie mit ihrer Stimme dafür, dass
Schweinswale, Seetaucher und artenreiche Riffe an unseren Küsten eine
Zukunft haben. Stärken Sie den Meeresschutz im Bundesnaturschutzgesetz
und stimmen Sie gegen das geplante Einvernehmen. Wir zählen auf Sie.
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Böhringer
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Matthias Böhringer
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