Öffentlichkeitsarbeit

Schreiben an Politiker

zu Daimler greift nach Rastatter Bruch

12.11.2017 an Herrn Pieper/ Staatsministerium Stuttgt: Enttäuschung über Verstecken hinter Verfahren/ Landesregierung lenkt mit Innenentwicklung ab.

Herr Pieper

Staatsministerium
Richard-Wagner-Straße 15
70184 Stuttgart

Aktenzeichen III-4224 Erweiterung Daimler Werk Rastatt "Rastatter Bruch"
Sehr geehrter Herr Pieper,
sehr geehrter Herr Dr. Hoffmann,

enttäuscht muss ich feststellen, dass die Landesregierung genau das macht, was ich in meinem Schreiben an Herrn Kretschmann vom 12. August moniert hatte. Denn wie zu erwarten / zu befürchten stellt man sich dem Vorhaben nicht von vornherein in den Weg und pfeift Herrn Zetsche nicht zurück. Wenn nun nach Vorlage der Anträge der Daimler AG das reguläre Prüfungsverfahren seinen Lauf nehme, versteckt sich die Landesregierung hinte einem Verfahren wie ich es leidlich von anderen Vorhaben kenne. Dass ein solches Verfahren eingeleitet werden kann, zeigt wie viel Wert Kompromisse wie der Rastatter Kompromiss von 1987 sind. Der BUND nahm sich damals wegen Art und Weise wie das Land die Umweltverbände für das Versprechen, künftige ökologische Verschlechterungen zu unterlassen mit unzumutbaren Klauseln über den Tisch zog, davon wohlweislich aus. Nun haben wir ein Déjà-vu. Das Vertrauen ist gebrochen, diese Geschichte lässt bei Umweltverbänden alte Erfahrungen hochkochen, hoffentlich zum großen Protest. In welche Richtung das Pendel bei der Prüfung der öffentlichen Belange und damit des Naturschutzes in der Regel ausschlägt wissen wir ja wohl beide.

Die grün-schwarze Landesregierung sollte verstehen, dass es darum geht, die Umweltleute erst gar nicht mit einem derartigen Verfahren zu belasten. Eine "Beschäftigung" bei der wieder nichts rauskommen wird. Es kann bei dieser Erweiterung keinen Kompromiss geben, da die Kompromisse schon vor 30 Jahren gemacht wurden. Also JA oder NEIN.

Der Verweis auf die Innentwicklung wird immer dann gebraucht, wenn von der Außenentwicklung abgelenkt wird, um den Industrieunternehmen mit Wachstumskritik und notwendiger Mäßigung nicht zu nahe zu treten. Die Zahl von nur noch 3,5 ha Flächeninanspruchnahme pro Tag ist Statistik und blendet die Realität auf dem Land aus. Was abgenommen haben mag, ist der Flächenverbrauch für neue Wohngebiete der großen Städte. Die sind aber schon so groß, dass sie leicht "innere" Flächen haben und immer wieder mal auch was zur Wiederbebauung frei wird.

Kleine Städte und Gemeinden sind weiterhin gierig nach Wachstum und es wird auch kaum von den Landratsämtern gedämpft.

Am Beispiel Rastatt zeigt sich die grassierende Unmäßigkeit der Wirtschaft. Eine Unmäßigkeit einer Weltwirtschaft, die auf die Umwelt pfeift. Die bahnbrechenden Argumente "Wohlstand" durch Wachstum und Arbeitsplätze können zerlegt werden, wenn Phantasie in die Köpfe kommt.

Mit freundlichen Grüßen,

Matthias Böhringer